Sich ein Leben lang an den Kleiderschrank aus Unizeiten, die durchgesessene Couch oder den inzwischen viel zu kleinen Esstisch binden? Das muss nicht sein. Doch ständig neue Möbelstücke zu kaufen, ist auch nicht nötig. Möbel mieten könnte ein smarter und vor allem nachhaltiger Kompromiss sein. Kommt nach Filmen, Musik, Autos und Fahrrädern jetzt das Möbel-Sharing in der breiten Masse an? Wer vermietet Möbel und was kostet das? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Wo kann man Möbel mieten?
In den USA ist die Möbelmiete seit Jahrzehnten bekannt. Vor allem Menschen, die wegen ihres Jobs häufig umziehen, nehmen diese Option wahr. Oft sind die Möbel dort Teil von vollständig möblierten Wohnungen, deren Bewohner regelmäßig wechseln.In Europa kannte man dieses Konzept kaum, bis der Einrichtungskonzern Ikea im Jahr 2019 anfing, seine Möbel zu vermieten und nach Rückgabe im Rahmen des Programms „Second Life“ günstig zu verkaufen. Mittlerweile hat sich das Möbelhaus ins dänische Startup Nornorm eingekauft. Hier gibt es vollständige Büroausstattungen – auch fürs Homeoffice – im praktischen Abo-Modell.
Auch die beiden Hamburger Konzerne Tchibo und Otto hatten den Trend erkannt und eigene Möbel-Sharing-Angebote auf den Weg gebracht – allerdings ohne großen Erfolg, so dass die Projekte wieder eingestampft wurden. An anderer Stelle funktioniert die Möbelmiete bereits: Das Unternehmen Lyght Living Furniture Leasing bietet seit 2011 Möbel auf Zeit an. Begonnen hat es mit Stühlen, Schreibtischen und Sofas, mittlerweile ist das Sortiment auf Beistelltische, Esstische, Sideboards, Regale, Kommoden und anderes Interieur angewachsen. Auch ganze Zimmer-Pakete lassen sich mieten. Die Nachfrage nach Möbeln zum Mieten scheint langsam, aber stetig zu wachsen. In einer zunehmend flexiblen Arbeitswelt ist das kein Wunder.
Wie funktioniert das Möbel-Sharing?
Beim Vorreiter Lyght Living funktioniert der Bestellprozess denkbar einfach: Sie legen fest, für welchen Zeitraum Sie die Möbel benötigen. Zwischen einem und 36 Monaten können Sie flexible Nutzungszeiten wählen. Davon abhängig wird Ihnen eine Auswahl der für diesen Zeitraum verfügbaren Möbel präsentiert. Aus denen könnt Sie Ihre Einrichtung zusammenklicken. Je länger der vereinbarte Zeitraum, desto weniger zahlen Sie pro Monat für das Möbelstück oder das ganze Zimmer. Haben Sie Ihren Warenkorb fertig zusammengestellt, verschicken Sie die Anfrage an das Unternehmen. Danach soll es sehr schnell gehen, verspricht das Unternehmen. Bei Nornorm läuft der Prozess noch maßgeschneiderter. Hier können Sie sich anhand eines interaktiven 3D-Modells Ihr Wohlfühlbüro zur Probe einrichten und die Möbel dann mieten und liefern lassen.
Was kostet es, Möbel zu mieten?
Die Kosten für Möbel-Abos variieren je nach Anbieter. Beim dänischen Konzern Nornorm, wo es Büroausstattungen für Firmen gibt, zahlen Sie für die Mietmöbel nach Raumgröße. Drei Euro kostet die Einrichtung pro Quadratmeter und Monat – inklusive Lieferung, Aufbau und Service. Dazu kommen 18 Euro einmaliger Mitgliedsbeitrag.
Rechenbeispiel: Für ein kleines 80-Quadratmeter-Büro kommen so Kosten von 240 Euro monatlich und einmalig 1.440 Euro zusammen. Also insgesamt 4.320 Euro im ersten Jahr und 2.880 Euro jährlich ab dem zweiten Jahr.
Bei Lyght Living können Sie unter anderem verschiedene Zimmer-Pakete auswählen. Für das Homeoffice bestehend aus Stuhl, Tisch und Aktenschrank zahlen Sie ab circa 42 Euro pro Monat. Das Esszimmer (Esstisch und sechs Stühle) zur Miete kostet ab knapp 50 Euro monatlich und das Wohnzimmer-Paket beginnt bei rund 87 Euro im Monat. Am teuersten ist die Schlafzimmer-Ausstattung für mindestens 119 Euro pro Monat. Jedes Extra kostet natürlich zusätzlich.
Rechenbeispiel bei einer Mietdauer von 24 Monaten: Im günstigsten Fall zahlen Sie für die Möbelausstattung in Esszimmer (65 Euro), Wohnzimmer (112 Euro), Schlafzimmer (154 Euro) und Arbeitszimmer (56 Euro) insgesamt rund 387 Euro pro Monat. Also 4.644 Euro jährlich.
Möbel mieten: Lohnt sich das?
Der vielleicht offensichtlichste Vorzug des Möbel-Sharings: Sie bleiben flexibel, können schnell Ihre Zelte abreißen, woanders wieder aufstellen und müssen keine aufwendigen Umzüge inklusive Miet-Lastwagen oder Möbellift planen. Das, was am meisten Platz beansprucht, die Möbel, kommen ja nicht unbedingt mit. Für Angestellte in der flexiblen New Economy ist das eine Erleichterung. Ebenso für Pendler, die einen Zweitwohnsitz auf Zeit haben, oder für Studierende. Wenn Ihnen die Umwelt am Herzen liegt: Die Möbelvermieter versprechen, dass ihre Lösungen nachhaltiger sind, da der Lebenszyklus der Möbel so verlängert wird. Sie brauchen die Möbel nicht? Dann wird jemand anderes glücklich mit ihnen und die guten Stücke versauern nicht in Ihrem Keller, weil sie keine neuen Abnehmer finden.
Ob die Lösung, Möbel zu mieten, wirklich günstiger ist, als sie zu kaufen, hängt vom Einzelfall ab. In der Modellrechnung von Lyght Living Furniture Leasing kostet die Einrichtung einer kleinen Wohnung rund 4.700 Euro im Jahr. So viel können Sie allein schon für einen guten Kleiderschrank hinblättern – der im besten Fall aber die nächsten 50 Jahre hält. Je sesshafter und sicherer Sie in Ihrem Geschmack sind, desto sinnvoller ist es vermutlich, Möbel (gebraucht) zu kaufen statt zu mieten. Zum Beispiel über Second-Hand-Möbelshops. Wer sich nur kurze Zeit über ein hochwertiges Möbelstück freuen und dann guten Gewissens weiterziehen will, für den könnte das Möbel-Sharing etwas sein.
Achtung: Klären sollten Sie vor Abschluss eines Möbel-Abos unbedingt, wie kulant der Anbieter mit Gebrauchsspuren umgeht.